Letzte Woche konnte ein Arbeitskollege vor Schmerzen im Knie kaum gehen, der arme Kerl. Ich konnte anhand seines sehr langsamen, hinkenden Gangs bereits Minuten vorher erkennen, ob er es war, der sich meinem Büro näherte, oder jemand anderes.
Auch, wenn wir beide einerseits darüber geschmunzelt haben, wie praktisch ein solches Frühwarnsystem unter Umständen sein kann, so ist es aber natürlich ganz und gar nicht lustig, wenn man vor lauter Schmerzen nicht mehr laufen oder sitzen kann. Bei ihm war beides betroffen, denn Schmerzen hatte er immer dann, wenn er das Knie beugte.
Wir tippten zunächst auf ein “Runner’s Knee”, da er es am Wochenende davor wohl mit dem Sport etwas übertrieben hatte und weil sein Knie bereits in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen Probleme gemacht hatte.
Ich empfahl ihm, sich baldmöglichst eine Faszienrolle anzuschaffen, möglichst hart und – ich will ehrlich sein – bitte kein Billigprodukt vom Discounter, sondern ein gutes Qualitätsprodukt. Warum die Rolle? Ganz einfach: Nach meiner Erfahrung können Schmerzen jeder Art davon herrühren, dass Sehnen verkürzt sind oder Muskeln nicht ausgeglichen trainiert werden und verkrampfen. Ich selber hatte beispielsweise mal einen höllischen “Hexenschuss”, ich konnte mich wirklich kaum bewegen – nur um dann dank eines guten Freundes herauszufinden, dass der Schmerz in Wahrheit von einer punktuellen Verkrampfung im Piriformis ausstrahlte und nichts mit einem Hexenschuss zu tun hatte. Und ebenso kann auch ein Läuferknie durchaus davon herrühren, dass die Hüftmuskulatur zu schwach ist oder die Sehnen im Oberschenkel verkürzt sind. Selbst eine Wadenverkrampfung kann ins Knie hineinwirken. Denn alle Muskeln, Sehnen und Faszien unseres Körpers hängen miteinander zusammen und wirken gegenseitig aufeinander ein. Und nur, weil es an einer Stelle schmerzt, heißt das ganz und gar nicht, dass dort auch die Schmerzursache liegt. Ich finde das immer wieder faszinierend.
Wie auch immer: Aus den oben beschriebenen Gründen kann es helfen, die Muskeln – bei Läufern sprechen wir hier vor allem von der Po- und Hüftmuskulatur, den Oberschenkeln und natürlich den Waden – mit der Faszienrolle “auszurollen”. Durch das Rollen werden Verklebungen des Fasziengewebes, das unsere Muskulatur und Organe umgibt, verbindet, trennt und stabilisiert – sehr vereinfacht gesagt: das alles zusammenhält -, und Verspannungen der Muskeln gelöst, was wiederum positive Auswirkungen nicht nur auf den jeweiligen Muskel, sondern auf unseren gesamten Körper, unsere Performance, unsere Regenerationsfähigkeit und den Trainingseffekt hat. Dafür kann man eine Rolle verwenden oder, bei punktuellen Verkrampfungen wie in meinem Fall des vermeintlichen Hexenschusses, einen Ball.
Ja, das Rollen ist anfangs schmerzhaft. Sehr schmerzhaft. Dies schreckt viele Sportler ab.
Sollte es aber nicht, denn wenn man dranbleibt und es regelmäßig macht, lässt der Schmerz stetig nach. Deswegen sollte man auch vorsichtig anfangen und nicht gleich mit dem vollen Gewicht auf die Rolle gehen. Die Intensität kann dann sukzessive gesteigert werden. Danach hingegen fühlt man sich wirklich gut, entspannt, und ich persönlich verspüre dann manchmal so ein angenehmes Kribbeln, als seien alle Zellen meines Körpers plötzlich hellwach und ganz aufgeregt. Ein Gefühl, das dem nach einem Bad in sehr kaltem Wasser sehr ähnelt.
Und ja, es ist außerdem nervig, dafür auch noch Zeit aufbringen zu müssen! Doch glaubt mir, das ist nur eine Frage der Gewohnheit.
Ich selber habe anfangs nach jeder Trainingseinheit meine Beine und den Rücken gerollt, inzwischen reicht es auch einmal in der Woche – wobei ich gerne eine zweite oder dritte Einheit einlege, wann immer ich Zeit dafür habe. Dabei sollte man jeden Muskel ca. eine Minute lang und möglichst von allen Seiten massieren.
Ganz konkret heißt das in meinem Fall:
Nacheinander beide Vorderseiten der Unterschenkel: Außen seitlich neben dem Schienbein befindet sich der einzige Muskel auf der Vorderseite, der des Rollens bedarf – pro Bein zehn Mal langsam vom Knöchel zum Knie und wieder zurück.
Nacheinander beide Waden: Die Waden rolle ich tatsächlich nur in eine Richtung, da ich dort sehr empfindliche Blutgefäße habe. Ergo: Immer nur in Richtung Herz, von der Ferse zum Knie. Jeweils sieben Mal langsam die Außenseite der Wade, dann sieben Mal die Mitte und schließlich die Innenseite der Wade.
Nun kommen nacheinander die Oberschenkel: Ich beginne immer zentral auf der Vorderseite (sieben Mal langsam vom Knie zur Hüfte und zurück), verlagere dann auf die äußere Vorderseite (7x), zentrale Außenseite (7x), hintere Außenseite, zentrale Rückseite, innere Rückseite, zentrale Innenseite und obere Innenseite, so dass ich mich einmal komplett um das Bein gedreht habe.
Wenn ihr nach dem ersten Bein kurz eine Pause macht und nachspürt, werdet ihr feststellen, dass sich das “fertige” Bein ganz anders anfühlt als das andere, viel leichter und wie gesagt, irgendwie kribbeliger.
Ich rolle nie beide Beine gleichzeitig, da man dann den Muskel nicht von allen Seiten erwischt.
Nach den Oberschenkeln geht es mit dem Ball weiter. Meiner ist ungefähr so groß wie ein Tennisball, jedoch aus festem Gummi – nicht so hart wie Plastik, sondern leicht nachgiebig, aber deutlich fester als ein Tennisball. Mit dem Ball massiere ich den kompletten Po, indem ich mich auf ihn setze und einfach kreuz und quer alle Muskeln massiere: den Gluteus Maximus, Medius, Minimus und natürlich den Piriformis. Wenn ich einen bestimmten Schmerzpunkt habe, bleibe ich auch einfach mal ein paar Minuten genau mit diesem Punkt auf dem Ball sitzen, quasi als Akupressur.
Anschließend ist der Rücken an der Reihe: Ich lege ich mich hin und schiebe die Rolle unter meinen Po, um mich dann nach unten zu rollen, so dass die Rolle praktisch nach oben bis zu meinem Nacken wandert. Das mache ich ein paar Mal. Auch hier bleibe ich manchmal still liegen und halte den Druck auf besonders starken Verspannungen, vor allem im oberen Rückenbereich.
Wenn man zwei gleiche Bälle in eine Socke stopft und diese dann zuknotet, kann man sie entlang der Wirbelsäule rollen – so erwischt man super die Muskelstränge direkt neben der Wirbelsäule, ohne diese dabei zu belasten.
Zu guter Letzt lege ich die Rolle in meinen Nacken, oben an den Schädelansatz, und drehe den Kopf hin und her, wie beim “Nein”. Das ist ganz wunderbar für die obere Nackenmuskulatur.
Alles in allem habe ich dann brav 20-30 Minuten gerollt und fühle mich so richtig FIBEEEEER.
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Ein paar Mal habe ich es schon probiert, bin dann aber auch vorerst am Thema Schmerz gescheitert und habe es leider als unnötig abgetan. Auch des Gedankens Zeitaufwand war ich zunächst erlegen 🙈 Dann las ich gerade den kleinen, aber für mich wichtigen Satz mit dem kalten Bad. Meine Augen wurden größer, mein Interesse geweckt. Ich brauche meist eine intrinsische, optimalerweise direkte Motivation. Mich mit etwas indirekten, kaum messbaren zufriedenzugeben, ist sehr schwer. Könnte dies also das fehlende Puzzleteil sein? 🤔