Während ich durch meine Technik-Tutorials blättere, fällt mir auf, dass ich euch bisher einen sehr wichtigen Aspekt des Krafttrainings vorenthalten habe: die Grundposition. Nachdem ich im Frühjahr die Les Mills Shapes Ausbildung gemacht habe, in der mir nochmals vor Augen geführt wurde, wie wichtig das Set-up ist, möchte ich dies nun nachholen.
Die “Set-Position” bei Bodypump.
- Die Füße stehen nebeneinander unter der Hüfte und sie stehen fest auf dem Boden.
Ich sehe leider sehr häufig, dass meine Teilnehmer schulterbreit oder noch breiter stehen und möchte daher an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Hüfte schmaler ist als die Schultern 😜. Wenn wir breitbeinig stehen, bewegen sich die Gelenke (insbesondere die Knie, doch auch die Hüfte und sogar die Fußgelenke) nicht mehr in ihrer natürlichen, “geraden Achse”, was in Kombination mit einer unsauberen Technik langfristig zu (schnellerer) Abnutzung, Fehlstellungen, schlimmstenfalls sogar Verletzungen führen kann.
Bei einigen wenigen Übungen für Arme und Schultern (z.B. Bizeps-Curls, Schulterpresse oder Mac-Raise) wählen wir gelegentlich im Set-up die “Split Stance”: Dann stehen die Füße in der Set-Position nicht nebeneinander, sondern in Schrittstellung. Das Gewicht muss in diesem Fall unbedingt gleichmäßig auf beide Füße verteilt werden, also 50-50. Die Split-Stance hilft dabei, dass man bei diesen Übungen nicht schwingt oder sich nach hinten lehnt – beides Dinge, die insbesondere dann geschehen, wenn man müde ist und Bauch und Po nicht mehr so fest angespannt sind, wie zu Beginn, oder wenn man ein zu hohes Gewicht gewählt hat.
- Die Knie sind ganz leicht gebeugt.
Grundsätzlich sollten Gelenke nie überstreckt (“ganz durchgedrückt”) werden: Dies kann langfristig bestenfalls zu einem “Ausleiern” des Gelenks und steigender Instabilität im Gelenk führen, schlimmstenfalls kann es nach einer plötzlichen Überdehnung aber auch zu einer Gelenkverrenkung oder sogar einem Gelenkbruch kommen.* Die ganz leichte (so leicht, dass sie nicht sichtbar ist) Beugung des Knies in der Set-Position schont also das Gelenk und gibt uns mehr Kontrolle und Stabilität bei der Ausführung unseres Krafttrainings.
- Die Hüfte wird ganz leicht nach hinten gekippt und der Po ganz fest angespannt.
Dies gibt ebenfalls ganz viel Stabilität, denn der Gluteus Maximus oder Große Pomuskel ist neben dem Latissimus Dorsi, dem Großen Rückenmuskel, der größte Muskel unseres Körpers. Weiterhin führt dies dazu, dass beim Training der untere Rücken in seiner neutralen Position gehalten wird – hierzu weiter unten mehr.
- Der Bauch ist ebenfalls super fest angespannt, um den Rücken zu stützen und – genau – Stabilität zu geben.
Übrigens hilft eine starke Po- und Rumpfmuskulatur auch dabei, Kraft aus dem Unterkörper in den Oberkörper zu transferieren… – aber das funktioniert nur, wenn sie angespannt ist. 😉
- Die Schultern werden nach hinten gerollt und die Schulterblätter zur Mitte in Richtung Wirbelsäule und nach unten in Richtung Hüfte gezogen.
Dies sorgt für eine gute Haltung im Brustbereich und dafür, dass wir bei Anstrengung nicht die Schultern zu den Ohren ziehen (was mindestens zu Verspannungen im Nackenbereich führt). Interessanterweise tendiert der Mensch nicht nur unter körperlicher Anstrengung dazu, die Schultern hochzuziehen, sondern auch, wenn er psychisch gestresst ist oder unter Druck steht. Diese unbewusste, instinktive Bewegung kommt daher, dass der empfindliche Hals vor Gefahren geschützt werden soll. Dies ist in der heutigen Zeit Gott sei Dank nur in den seltensten Fällen notwendig und wenn man sich seiner einmal bewusst geworden ist, kann man schnell lernen, diesen Reflex zu unterbinden und die Schultern stattdessen bewusst nach unten in Richtung Fußboden zu ziehen.
- Zu guter Letzt sollte das Kinn leicht eingezogen (also Richtung Brust gedrückt) werden, um den Nacken zu schonen.
Ein weiterer instinktiver Reflex des Menschen, wenn es anstrengend wird: Das Kinn wird ganz weit nach vorne geschoben und der Hals wird ganz lang gemacht, so dass der Kopf in der Endposition vor dem Körper ist. Besonders häufig sehe ich dies bei Übungen für den Core. Wenn ihr diese Bewegung einmal bewusst ausführt, z.B. während ihr entspannt auf dem Sofa sitzt, werdet ihr merken, wie unangenehm dies im Nacken ist, dessen Wirbel dabei stark komprimiert werden. Ergo: Kinn zurück – es fühlt sich ein bisschen so an, als mache man ein Doppelkinn.
Die “neutrale Wirbelsäule”.
Die oben bereits kurz erwähnte neutrale Wirbelsäule spielt insbesondere bei Shapes eine zentrale Rolle, ist aber grundsätzlich super wichtig bei jeder Art (Kraft-)Training.
Die Wirbelsäule wird als “neutral” bezeichnet, wenn sie sich in ihrer natürlichen (doppelten) S-Form befindet, die durch die Knochenstruktur vorgegeben ist.
Die Wirbelsäule ist ein Wunderwerk der Natur und kann in alle Richtungen bewegt werden: nach vorne/hinten, rechts/links oder schräg. Außerdem kann sie sich auch in alle Richtungen drehen, und dies auch in Kombination mit vorne/hinten, seitlich usw. – einfach fantastisch. Wenn sie sich in ihrer Neutralstellung befindet, können wir all diese Bewegungen am besten und effektivsten, vor allem aber am gesündesten ausführen.
Ein einfaches Beispiel:
Crunches mit neutraler Wirbelsäule aktivieren die Bauchmuskulatur und sind keine Belastung für den unteren Rücken. Wenn man aber ins Hohlkreuz fällt, die Wirbelsäule also im Lendenbereich nicht mehr neutral ist, ist dies nicht nur unangenehm bis schmerzhaft im unteren Rücken, sondern kann langfristig auch Wirbel beschädigen.
Da jeder Mensch einzigartig ist und wir alle unterschiedlich gebaut sind, startet jede Shapes Class damit, dass wir unsere individuelle neutrale Wirbelsäule “erspüren”. Dies kann im Stehen oder Liegen geschehen: Das Becken wird abwechselnd nach vorne und hinten gekippt, die Wirbel werden also entweder zusammengedrückt (das Becken wird nach vorne gekippt, so dass ein extremes S im Lendenwirbelsäulenbereich entsteht – das Hohlkreuz) oder auseinandergezogen (das Becken wird nach hinten gekippt, so dass fast keine Krümmung mehr im Lendenwirbelsäulenbereich besteht – der sogenannte Flachrücken). Die Neutralstellung ist genau in der Mitte, an dem Punkt, an dem wir weder eine Kompression noch eine Überstreckung der Wirbel spüren.
Im Stehen sieht das dann so aus:
Viele Sportler unterschätzen, wie wichtig das Set-up ist, daher ist es mir in meinen Classes so wichtig, dies immer wieder zu unterstreichen. Denn wir möchten doch alle so lange wie möglich gesund trainieren, richtig?
Also – ab in die Set-Position und dann: Train hard, FIBER harder. 😀
*Weitere interessante Informationen zu Gelenken und Gelenkverletzungen findet ihr beispielsweise hier: https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/wissen/krankheiten-a-z/gelenkverletzungen-1055084
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Ich liebe einfach diesen Schreibstil (und unseren Karl Linienmann 🤣). Es können sich einige Trainer, und damit meine ich nicht ausschließlich den Sport-, sondern alle Lebensbereiche – ein Gruß geht raus an alle meine früheren Pädagogen 🤙 – daran etwas absehen. Nun aber genug mit den Almosen, sonst wirds noch unangenehm 😇 Ich selbst erwische mich immer wieder beim Autofahren, obwohl glücklicherweise mittlerweile routiniert, dass meine Schultern nach oben ziehen, um meinem nach hinten fallenden Kopf eine angenehm flauschigen Liegeplatz zu bieten … ⛔ Schultern nach hinten, Kopf nach vorn, immer und immer wieder bis es ankommt. Ich überlegte zuweilen es mal mit Konditionierung zu versuchen. Leichte Schläge auf den Hinterkopf sollen ja bekanntlich das Denkvermögen erhöhen 🤭 Wo ist der Beifahrer, wenn man ihn mal braucht?