Neulich im Fitnessstudio:
Sie (super sportlich & super schlank): “Schau mal, ich glaub’ schon, dass mein Bauch dicker geworden ist. Ich verstehe das nicht, wie kann das denn bitte sein!?”
Er (super sportlich & super schlank, verdreht die Augen): “Da ist nix, du hast keinen dicken Bauch!!! Weisst Du was? Ich denke, es sieht für dich nur so aus, weil bei dir sonst ja nichts mehr ist. Und dann steht das bisschen optisch halt vor.”
Sie: “Hmmm meinst du?” (Guckt zweifelnd an sich herab.) “Stimmt schon, drum herum habe ich keine Speckröllchen mehr!”
Er:” Ja guck doch, ich habe auch so eine Wampe. Und dabei wir sind beide definitiv nicht dick. Hey, viel mehr Sport als wir kann man nicht machen!!”
Eine dritte Person – eine Frau, die ich gut kenne, sie ist eine meiner Teilnehmerinnen, sehr sportlich, Ärztin – kommt in den Raum, hört einen Augenblick zu, schaut auf die Bäuche und sagt dann: “Redet ihr viel während des Essens?”
Sie schauen sich an.
Sie: “Ööööhmmm ich rede eigentlich immer.” (Alle schmunzeln.)
“Das dachte ich mir. Wenn man beim Essen viel redet, schluckt man wirklich viel Luft. Versucht mal, nur zwischen den Bissen zu sprechen, wahrscheinlich habt ihr einfach nur Luft im Bauch.”
Ich bekam dieses Gespräch mit und wurde neugierig. Also man schluckt Luft, wenn man beim Essen redet? Diese Angewohnheit habe ich nämlich leider auch. Nicht umsonst sagt unser Headcoach immer, dass die “Attacker” alle dieselbe “hektische” Art haben, zu sprechen.
Aber ich schweife ab – mein Arbeitskollege und ich mussten es natürlich gleich beim nächsten Mittagessen ausprobieren. Hier unsere ersten Eindrücke:
Pro:
- Das Essen ist in der Tat weniger hektisch. Wir sind beide keine “Stopfer” (die das Essen ohne zu kauen runterschlucken und ihre Teller innerhalb von zwei Minuten leer haben), doch trotzdem bemerken wir einen Unterschied zu sonst, denn nun sprechen wir nur noch zwischen den Bissen.
- Man lädt sich nicht mehr die Gabel schon dann wieder voll, während man noch auf dem vorherigen Bissen kaut, denn es könnte ja sein, dass man danach etwas sagen möchte. 😀
Es geht noch weiter: Teilweise hört man dem anderen zu, ohne dabei selber weiterzuessen, denn vielleicht möchte man ja schnell auf die Erzählung des anderen eingehen können – und hierzu muss der Mund dann ja leer sein. - Man kaut jeden Bissen automatisch sorgfältiger und hat mehr vom Geschmack des Essens.
- Dadurch, dass wir den Hauptgang viel langsamer zu uns genommen haben, brauchten wir anschließend keine Pause vor der Nachspeise.
Contra:
- Es wird schwierig, wenn alle anderen am Tisch es anders halten und deren Teller in der Hälfte der Zeit leer gegessen sind.
- Die Unterhaltung kann unter Umständen etwas stockend und mit längeren Gesprächspausen verlaufen. Um dieses Problem zu vermeiden, kann man aber auch auf Mimik und Gestik ausweichen und entdeckt vielleicht ganz neue Arten der non-verbalen Kommunikation, auf die man sonst nie gekommen wäre…. 😀
Allerdings gebe ich mich damit natürlich nicht zufrieden, sondern habe außerdem ein paar Recherchen gemacht.
Hier die Facts:
Es ist völlig normal, beim Essen oder Sprechen ein wenig Luft zu schlucken, das lässt sich gar nicht vermeiden und hat normalerweise keinen negativen Einfluss auf unser Wohlbefinden.
Problematisch wird es erst, wenn sehr viel Luft geschluckt wird: Dies kann Auswirkungen wie oben beschrieben haben (“Blähbauch”) sowie zu ständigem Aufstoßen, Blähungen und auch durchaus starken Bauchschmerzen und Krämpfen führen. Auch Völlegefühl und Reflux (Rückfluss von Mageninhalt in Richtung Speiseröhre) können die Folge sein. Im schlimmsten Fall drückt die Luft im Verdauungstrakt gegen die anderen Organe und der Betroffene kann deswegen sogar unter Atemnot leiden.
Dieses Krankheitsbild heißt Aerophagie (lateinisch soviel wie “Luftfressen”) und hat seine Ursachen zum Beispiel in zu schnellem Sprechen, zu hastigem Essen und Trinken und dem Konsum kohlensäurehaltiger Getränke. Darüber hinaus kann die Aerophagie psychologische Ursachen haben: Innere Unzufriedenheit, Stress und Nervosität können hier in einen wahren Teufelskreis führen. Außerdem können bestimmte Lebensmittel (z.B. Zucker, Hefeprodukte aber auch Hülsenfrüchte oder Zwiebeln) zu Gasbildung im Verdauungstrakt führen.
Spätestens, wenn die Aerophagie chronisch und die Beschwerden dauerhaft werden, sollte man einen Arzt konsultieren, da sich ernste Verdauungsstörungen entwickeln können.
Was die Geschichte mit den Bäuchen angeht – dazu können wir aktuell nicht viel sagen. Aber Hand auf’s Herz – ich kann mir echt Schöneres vorstellen als diese Aerophagie. Wollen wir das? NEIN – und die Pros aus dem Selbsttest zeigen doch, dass es irgendwie ja eh viel netter ist, während des Kauens nicht (zuviel) zu sprechen.
Also FIBEEERT doch eure nächste Mahlzeit mal etwas gemütlicher und ganz und gar Knigge-konform, denn wir alle wissen doch: “Man spricht nicht mit vollem Mund!”. 😉
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Sehr interessant. Jetzt kann ich neben dem BAT (braunes Fettgewebe, das auch aufgrund kalten Duschens entstehen soll) auch mit Aerophagie argumentieren, falls jemand fragt 😀